Oma Paloma
von Kollektiv R I T A
Mit OMA PALOMA erarbeitet das Kollektiv R I T A ein Projekt, in dem lebenserfahrene
Frauen zu Wort kommen und sichtbar gemacht werden.
Dafür sammelten die vier Theatermacherinnen gemeinsam mit zwei Schauspielerinnen
Geschichten von Seniorinnen aus Winterthur und Umgebung und erstellten eine
performative Collage aus wilden Jugendgeschichten, überwundenen Umbrüchen, grossen
Träumen, Plänen und Sehnsüchten, die auch am Ende des Lebens nichts an Bedeutung
verloren haben. Kombiniert werden diese mit Zitaten aus Literatur, Philosophie, Film und
Popkultur. Sie zeichnen dadurch ein völlig neues Bild der älteren Frau und konfrontieren uns mit der Frage, weshalb das Alter für Frauen nach wie vor ein Stigma ist.
Eine Produktion des Kollektiv R I T A
Mit
Regie: Clara Dobbertin
Dramaturgie: Daniela Guse
Bühne: Marie Hartung
Kostüme: Sabrina Bosshard
Schauspiel: Barbara Grimm, Wanda Winzenried.
in Koproduktion mit dem Theater am Gleis Winterthur
gefördert von Kanton Zürich - Fachstelle Kultur, der Stadt Winterthur, der Stanley Thomas
Johnson Stiftung, der Gottlieb und Anna Geilinger - Stiftung, der St. Eustachius-Stiftung, der
Schweizerischen Interpretenstiftung und der Ernst Göhner Stiftung.
Premiere am 18.09.2020 im Theater am Gleis Winterthur
Fotos



Über
«Oma Paloma» feiert das Frausein vom Älterwerden bis zur Entsorgung mit einer
vielschichtigen Collage. Spindeldürre Quasischönheiten defilieren in Haute-Couture über die Leinwand zu Aussagen realer Frauen in und um Winterthur aus dem Off wie: «Ich kann gut
älter werden, weil ich nicht schön war in meiner Jugend.» Dazu spielt das lebensbejahende «Dog Days Are Over» von Florence + The Machine. Selbstbewusstes Frausein wird in «Oma Paloma» vorausgesetzt, also kann sich das Kollektiv Rita auf die Widersprüche im Allgemeinen wie im individuellen Erleben fokussieren. Längst nicht alle gehen einig mit der vielbeschworenen Unsichtbarkeit von Frauen über 50 und die Theatermacherinnen biegen die Vielfalt der An- und Einsichten glücklicherweise auch nicht auf eine finale Aussage hin zurecht. Sie lassen alles so stehen und die Schauspielerinnen Wanda Winzenried und Barbara Grimm richten stereotype Aussagen in Frageform direkt ans Publikum. Eine der schönsten Relativierungen daraus lautet: «Fragt irgendjemand Heranwachsende, ob sie sich pubertierend fühlen?» Zivilgesellschaftliche Gruppierungen wie «Omas gegen Rechts» und die «Klimaseniorinnen» sind der Beweis für eine im Gang befindliche Grossmütterrevolution. Die Körperlichkeit – auch jenseits der Äusserlichkeit aller sich darin widersprechenden Werbe-und-überhaupt-Anforderungen an eine Frau –, die von jahrzehntelangen Regelschmerzen mit der Menopause schnurstracks in Richtung Neutrum schnellt, läutet die politische Abteilung ein, die Unrecht moniert wie Lohnungleichheit, Care-Arbeit und das auf Lebensuniformität ausgerichtete Rentensystem. Insgesamt aber dominiert die positive Verortung inklusiver einer Freude aufs Altern mit Anflügen von Reue, aber auch sehr viel Pragmatismus. Selbst für die umweltfreundliche,
posthume Körperentsorgung ist offenbar schon was im Tun, doch bis dahin – «ich bin die, die ich bin» – will frau Frau sein und daran nicht künstlich behindert werden
oder gar sich selbst im Weg stehen.
froh über «Oma Paloma»
20.9., Theater am Gleis, Winterthur.